Sonja Reiff, Rechtsanwältin für Arbeitsrecht in Frankfurt, berichtet über die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung des Arbeitgebers
Frankfurt, 19. Februar 2013 – Nicht bei jedem Fehlverhalten des Arbeitsnehmers ist der Arbeitgeber berechtigt, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Vielmehr muss nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein wichtiger Grund vorliegen. Es muss somit erst einmal ein schwerer Vertrags- oder Treuepflichtverstoß des Arbeitsnehmers bestehen. In einem zweiten Schritt ist eine Einzelfallbetrachtung mit Abwägung der Interessen beider Vertragspartner vorzunehmen. Diese muss zu dem Ergebnis führen, dass dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzten. Letztendlich gilt das ultima-ratio-Prinzip. Das bedeutet: Die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses muss die unausweichliche und allerletzte Maßnahme des Arbeitgebers darstellen und es darf kein milderes Mittel möglich oder zumutbar sein.
In vielen Fällen ist daher auch bei einem groben Pflichtverstoß des Arbeitgebers als milderes Mittel zuvor eine Abmahnung von Seiten des Arbeitgebers zu erteilen. Eine fristlose Kündigung ist dann erst im Wiederholungsfall möglich. Handelt es sich jedoch um besonders schwerwiegende Verstöße, wie beispielsweise Diebstahl oder anderen Straftaten des Arbeitnehmers, dann kann eine fristlose Kündigung auch sofort erklärt werden.
Die fristlose Kündigung kann nach § 626 Abs. 2 BGB nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Arbeitgeber Kenntnis von den Tatsachen erhalten hat, die die Kündigung begründeten. Wird diese 2-Wochenfrist versäumt, ist die Kündigung unwirksam. Muss der Arbeitgeber jedoch noch Beweise sammeln und Ermittlungen vornehmen, dann beginnt die Frist erst nach Ablauf der Ermittlungen zu laufen. Läuft gegen den Arbeitnehmer ein Strafverfahren, dann kann der Arbeitgeber sogar das Ende von diesem abwarten, bevor die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt. Existiert ein Betriebsrat, dann ist der Arbeitgeber verpflichtet, diesen noch innerhalb der zwei Wochen ab Kenntnis von den Kündigungsgründen anzuhören.
Für die Wirksamkeit der Kündigung ist es nicht erforderlich, dass der Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben angegeben wird. Fordert der Arbeitnehmer den Arbeitgeber jedoch zur Mitteilung der Gründe auf, so muss der Arbeitgeber den Kündigungsgrund dem Arbeitnehmer unverzüglich schriftlich mitteilen. Zwar führt ein Verstoß gegen diese Pflicht nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, aber der Arbeitgeber kann sich schadensersatzpflichtig machen.
Eine Besonderheit stellt die außerordentliche Verdachtskündigung dar. So kann der Arbeitgeber auch dann das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen, wenn er nur den Verdacht einer Straftat oder einer schweren Vertragsverletzung hat. Allerdings muss es sich um einen dringenden Verdacht handeln, so dass eine große Wahrscheinlichkeit für Straftat oder Pflichtverletzung gegeben ist. Ferner muss der Arbeitgeber sämtliche, ihm mögliche Aufklärungsversuche unternehmen. Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung ist, dass der Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung vom Arbeitgeber angehört wird. Bei der Anhörung muss der Arbeitnehmer über die Tatvorwürfe ausreichend informiert werden, so dass er zu diesen Stellung nehmen kann. Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist ausnahmsweise nur dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer beispielsweise von vorne herein jegliche Äußerung zu den Vorwürfen ablehnt.
Erhält der Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung, so gilt gleichfalls wie bei der ordentlichen Kündigung eine dreiwöchige Klagefrist. Erhebt der Arbeitnehmer nicht innerhalb dieser Zeit Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht, dann gilt die fristlose Kündigung als wirksam und das Arbeitsverhältnis ist mit Zugang der Kündigung beendet.
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