Im Projekt GeoWAM wird die flugzeuggestützte Radarinterferometrie (InSAR) weiter entwickelt, um in tidebeeinflussten Küstenbereichen Geodaten besser erfassen zu können.
Effiziente Nutzung von engen Zeitfenstern
Fernerkundung mithilfe der Radarinterferometrie (engl. Interferometric Synthetic Aperture Radar, InSAR) besitzt das Potenzial, die Erfassung und Erstellung von Geo-Basisdaten für die Erfüllung behördlicher und geodätischer Aufgaben im Küstenbereich erheblich effizienter zu gestalten. Die bis zu fünfmal größere Flächenleistung in Kombination mit der Wetterunabhängigkeit im Vergleich zur herkömmlichen Befliegung mittels luftgestützter Laserdatenerfassung (Air-borne Laserscanning) sind gewichtige Gründe für den Einsatz dieser flugzeuggetragenen Radartechnologie. Bei der InSAR-Methode werden die Phasen der vom Gelände reflektierten Signale zweier nebeneinander angeordneter Antennen miteinander verrechnet. Im Vergleich zur optischen Methode zeichnet sich InSAR durch eine geringere Signaldämpfung durch Witterungseinflüsse aus und es ist als aktives Verfahren unabhängig von der Tageszeit. Dadurch lassen sich die tidebedingten, kurzen Zeitfenster besser für Befliegungen nutzen.
Wie können die Verarbeitungspfade für die entstehenden Daten aussehen? Welche Datenprodukte mit welcher Genauigkeit werden für bestimmte Anwendungen benötigt? Und wie können solche Datenprodukte den Anwendern zeitnah bereitgestellt werden? Um solche Fragen zu beantworten, entwickelt die Disy Informationssysteme GmbH in einem Projekt zusammen mit Partnern aus Forschung und Behörden neue technologische Ansätze und beispielhafte Lösungsprototypen. Diese werden unter realen Einsatzbedingungen in zwei Pilotgebieten im niedersächsischen Wattenmeer erprobt.
Das Forschungsprojekt GeoWAM
Das dreijährige Forschungsprojekt „Neue Geodaten zur Verbesserung des Wassermanagements tidebeeinflusster Küstenbereiche – GeoWAM“ ist im November 2018 gestartet. Das laufende Projekt GeoWAM wird im Rahmen der Förderrichtlinie Modernitätsfonds („mFUND“) durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert. GeoWAM wird von der Disy Informationssysteme GmbH koordiniert. Disy übernimmt die Integration aller Software- und Hardwarebestandteile in eine Prototyplösung sowie die Datenbereitstellung innerhalb des Projekts und für Dritte. Weil die spätere kommerzielle Verwertung der Projektergebnisse angestrebt ist, werden daher auch von Disy die Anwenderbedürfnisse und die bedarfsorientierte Ableitung neuer Datenprodukte untersucht.
Zu den Projektpartnern gehören das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), das mit seinem Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme in Oberpfaffenhofen die InSAR-Technologie beisteuert. Das Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung (IPF) des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und das Institut für Photogrammetrie (IfP) der Universität Stuttgart entwickeln die neuen Methoden der Bilddatenanalyse. Die Anwenderperspektive wird im Projekt von der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) vertreten. Durch Vergleiche mit Referenzdaten unterstützen sie auch die empirische Erprobung der neuen Methoden.
Ganzheitliche Betrachtung der Datenverarbeitungskette
Fragen der Verkehrssicherheit, wasserbauliche, gewässerkundliche und ökologische Aufgaben werden von Behörden und Ingenieurbüros mit Hilfe von hochauflösenden dreidimensionalen Gelände- und Oberflächenmodellen der Gewässer beantwortet. Im Rahmen des Projekts GeoWAM werden moderne Radartechnologie des DLR zur wetterunabhängigen Datenerfassung genutzt und Prozesse von der Befliegung bis zur Bereitstellung von Geodatenprodukten für einen breiten Kreis von Anwendungen und Nutzern entwickelt. Dazu werden die flugzeuggestützte Radarinterferometrie und die dafür notwendigen Berechnungsalgorithmen so weiterentwickelt und unter Praxisbedingungen erprobt, dass sie effizient und effektiv für die 3D-Modellierung gezeitenbeeinflusster Küstenbereiche genutzt werden können. Dadurch soll die Datenerzeugung schneller, qualitativ hochwertiger und wetterunabhängiger werden.
Mit der Geo-Analytics-Plattform Cadenza steht eine hervorragende technische Grundlage zur Verfügung, um die erzeugten Daten über OGC- und INSPIRE-konforme Standardschnittstellen in existierende Geodateninfrastrukturen einzubinden. Die Projektergebnisse sollen der Öffentlichkeit außerdem über die mCLOUD als zentrale Open-Data-Plattform des BMVI zugänglich gemacht werden. Insgesamt soll eine lückenlose Datenverarbeitungskette entstehen und ein substantieller Mehrwert der Daten ermöglicht werden.
Erste Befliegung im Februar 2019
Im ersten Projektjahr geht es vor allem um die detaillierte Bedarfsanalyse auf Anwenderseite. Dazu sind mehrere Treffen mit den Hauptakteuren aus der Verwaltung und mit assoziierten Partnern wie Vertretern des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer (NLPV) geplant. Spannend wurde es bereits im Februar 2019, als das DLR die erste Befliegung mit dem Radarsensor durchgeführt hat. Mit der Unterstützung durch den NLWKN und der BfG werden aktuell Vergleichsdaten zur Bestimmung der Modellgenauigkeit erzeugt. Einhergehend mit der Befliegung fanden umfangreiche Referenzmessungen am Boden und im Wattenmeer statt. Geländehöhen und Pegelstände werden so zeitgleich zur Radarbefliegung dokumentiert, um eine präzise Einschätzung der Ergebnisse zu ermöglichen. Mit ersten Ergebnissen ist noch vor dem Sommer zu rechnen.
Weitere Informationen
o Webseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur
o BMVI-Webseite zur Forschungsinitiative mFUND (Modernitätsfonds)
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