ARAG Verbraucher-Information
Düsseldorf, 14.09.2012
Wer schon mal mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch Großbritannien oder Norwegen gereist ist – um nur zwei Beispiele zu nennen – der weiß, dass dort die Fahrt mit dem Fernbus eine echte Alternative zur Reise mit der Bahn ist. Anders hierzulande: Auf innerdeutschen Strecken sind regelmäßig verkehrende Fernbuslinien immer noch die Ausnahme. Warum das so ist, erklären ARAG Experten.
Personenbeförderungsgesetz
Schuld ist das aus dem Jahr 1961 stammende Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Wer mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr Personen befördern will, benötigt nach diesem Gesetz eine Genehmigung. Und die darf nicht erteilt werden, wenn der Verkehr auf der Strecke „mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann“, wenn die beantragte Linie zu keiner „wesentlichen Verbesserung“ des Verkehrs auf einer Strecke führt, die bereits von privaten Unternehmen oder der Bahn bedient wird, oder wenn vorhandene Unternehmen oder die Bahn sich innerhalb einer Frist bereit erklären, die Strecke selbst zu bedienen (§ 13 Abs. 2 PBefG). Im Klartext heißt das: Neue Fernbusstrecken haben nur eine Chance, genehmigt zu werden, wenn sie nicht mit der Bahn oder schon existierenden Buslinien konkurrieren.
Ausnahmen
Diese Regelung hat dazu geführt, dass bis heute nur wenige Fernbuslinien genehmigt wurden. So darf z.B. die Deutsche Touring mit Sitz in Frankfurt a. M. die Strecke Mannheim-Frankfurt-Hamburg (und Teilstrecken dazwischen) anbieten – allerdings nur nachts, weil zum Zeitpunkt der Genehmigung auf dieser Strecke keine Nachtzüge der Bahn verkehrten. Die Preise bewegen sich zwischen 9 Euro für ein begrenztes Platzkontingent und 54 Euro für ein reguläres Ticket. Eine weitere Ausnahme ist der Fernbusverkehr nach Berlin. Hier starten und enden die meisten innerdeutschen Fernbuslinien. Das hat historische Gründe: Zu DDR-Zeiten sollten die Westdeutschen nicht auf die ostdeutschen Züge angewiesen sein. Deshalb wurden auf dieser Strecke Fernbusverbindungen zugelassen. Ein großer Teil dieser Verbindungen wird von der Berlin Linien Bus GmbH angeboten, deren Gesellschafter u.a. Tochterfirmen der Deutschen Bahn sind. Die Bahn ist damit auch gleichzeitig größter Anbieter von nationalen Fernbuslinien.
Die bestehende Gesetzeslage stieß zunehmend auf Kritik, weil sie keinen echten Wettbewerb zwischen Fernlinienverkehr auf der Straße und auf der Schiene ermöglicht. In diese Richtung ging auch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2010: Die Leipziger Richter urteilten zum PBefG, dass ein Linienverkehr mit Bussen auf einer Strecke, die bereits von der Bahn bedient wird, dennoch genehmigt werden könne, wenn die Preise für den Bus deutlich günstiger seien als die entsprechenden Bahnpreise (BVG, Az.: 3 C 14.09). Aus der im Koalitionsvertrag vereinbarten Liberalisierung des Fernbuslinienverkehrs ist jedoch bis heute noch nichts geworden. Zwar hat das Bundeskabinett schon 2011 einen Gesetzesentwurf zur Änderung des PBefG beschlossen, der auch die Konkurrenz von Bus und Bahn oder von mehreren Bussen auf einer Strecke erlauben soll. Weil das geplante Änderungsgesetz aber ein so genanntes Zustimmungsgesetz ist, muss es nicht nur eine Mehrheit im Bundestag finden, sondern auch vom Bundesrat abgesegnet werden. Und das scheint sich derzeit schwierig zu gestalten. Es bleibt daher abzuwarten, ob es mit der geplanten Liberalisierung in dieser Legislaturperiode noch etwas wird.
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