Oberlandesgericht Schleswig hält Genussrechtswerbung für irreführend
Der Öko-Energieanbieter PROKON aus Itzehoe muss derzeit viel Gegenwind aushalten: Das Wirtschaftsmagazin Capital bemängelt die Bilanzzahlen des Unternehmens als hauptsächlich aus konzerninternen Geschäften und außerordentlichen Erträgen stammend. In einem Bericht vom 21.06.2012 wird zudem Prof. Michael Olbrich vom Institut für Wirtschaftsprüfung der Universität des Saarlandes zitiert, der „Zweifel daran hegt, dass es sich bei der PROKON um ein seriöses Unternehmen handelt“. Zusätzlich entschied am 05.09.2012 das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht, dass die Bewerbung der Genussrechte der PROKON mit dem Hinweis auf maximale Sicherheit irreführend ist und zudem auch die maximale Flexibilität der Einlagen irreführend dargestellt wird.
Auf der Homepage der prokon-windenergie.de ist die Welt noch in Ordnung: Per 12.09.2012 sind insgesamt fast 950 Mio. EUR durch 52.700 Genussrechtsinhaber eingesammelt worden. Diese konnten mit einer attraktiven Verzinsung von 6 % im Jahr zuzüglich Überschussbeteiligung rechnen, wobei aktuell 8 % Zinsen gezahlt würden. Die Kapitalanlage sei auch maximal flexibel mit einer Anlage schon ab 100 EUR und einer kurzen Laufzeit von nur drei Jahren.
Der letzte Hinweis ist offensichtlich eine Reaktion auf die Entscheidung des OLG Schleswig, nach welcher die Darstellung einer maximalen Flexibilität irreführend und wettbewerbswidrig ist, wenn eine Kündigung der Anlage frühestens nach drei Jahren zulässig ist. Denn nach Ansicht der Richter bedeutet die Zusage einer maximalen Flexibilität nichts anderes als das Versprechen einer auch denkbar kurzfristigen und einfachen Möglichkeit für die Wiederauflösung der Geldanlage. Dies treffe aber auf die von der PROKON ausgegebenen Genussrechte bei Weitem nicht zu. Außerdem sei die Darstellung der Sicherheit der Kapitalanlage irreführend. Denn die PROKON hatte damit geworben, dass die Genussrechte Sicherheit auch bei steigender Inflation bieten würden. Diese Aussage erweist sich nach Ansicht der Richter jedoch als unrichtig, da das Kapital der Anleger nicht in Sachwerte investiert wird. Vielmehr wird mit dem Geld der Anleger ein Darlehen an Tochterunternehmen der PROKON herausgegeben, welches, nach Recherchen der Zeitschrift Capital, mit ungefähr 15 % verzinst werden soll. Hiervon werden 8 % an die Genussrechtsinhaber als Verzinsung weitergereicht. Die Windkraftanlagen selbst dagegen werden von anderen Unternehmen der PROKON-Gruppe betrieben und gehören auch anderen Unternehmen. Diese sind rechtlich selbständig.
Nach den Recherchen der Zeitschrift Capital beauftragt die Tochterunternehmung PROKON Wind GmbH die weitere Konzernfirma PROKON Energiesysteme GmbH damit, Windparks fertigzustellen. Sobald diese Windräder errichtet sind und innerhalb des Konzerngeflechts verkauft werden, werden sie dann nicht mehr mit den Herstellungskosten bilanziert, sondern mit einem höheren Wert. Damit haben sich die Mittel der Investoren als gewinnwirksam erwiesen, noch bevor das Windrad auch nur einen einzigen Cent durch den Verkauf von Energie verdient hat. Die in den Bilanzen dargestellten Gewinne beruhen dagegen weniger auf den Erlösen aus Stromverkauf.
„Wer Genussrechte kauft, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es kein Einlagensicherungssystem oder sonstige Sicherungsmaßnahmen für die Kapitalanlage gibt“, meint der Berliner Rechtsanwalt Christian H. Röhlke. Er weist darauf hin: „Dass die Sicherheit der Kapitalanlage einzig und allein von der Kapitaldecke des Vertragspartners abhängt und im Falle einer Insolvenz des Vertragspartners der Gläubiger nur auf die noch vorhandenen Insolvenzwerte verwiesen ist. In einem solchen Falle schauen hier Anleger vielfach enttäuscht in die Röhre.“
V.i.S.d.P.:
Christian-H. Röhlke
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