Denkmalschutz im Wandel der Zeit

– Eric Mozanowski: Denkmalschutz in Deutschland –

Eric Mozanowski, ehemaliger Vorstand der ESTAVIS AG, führte in Berlin / Leipzig sowie Stuttgart im Rahmen von Seminarveranstaltungen die Vortragsreihe zum Themengebiet Denkmalschutz in Deutschland fort. Aus den Kreisen der Teilnehmer kam der Wunsch, wichtige Wissensmodule auch im Internet zu veröffentlichen. Denkmalschutz im Wandel der Zeit, welcher sich mit dem Historismus und der Gründerzeit befasst, deren Phase mehrere Jahrzehnte, Jahre betrug.

Historismus und Gründerzeit

Dehios Parteinahme für das Alte und Echte kann sozialgeschichtlich auch als eine Reaktion auf die Modernisierung im späten 19. Jahrhundert verstanden werden. Seit der Gründung des Bismarckreiches hatte sich die Einwohnerzahl vieler deutscher Städte mehr als verdoppelt. In Berlin betrug diese 1875 rund 950.000 Einwohner, im Jahre 1890 betrug sie bereits 1,6 Millionen Berliner und 1910 wurde die Zwei-Millionen-Marke überschritten. In Stuttgart und anderen deutschen Städten kam es zu ähnlichen Anstiegen der Bevölkerungszahl. Noch stärker war das Wachstum im von Berlin benachbarten Charlottenburg. Hier stieg die Bevölkerungszahl von rund 25.000 (1875) auf zunächst 77.000 (1890) und dann betrug diese im Jahre 1910 über 300.000 – ein Anstieg um über 1.000 Prozent in nur 35 Jahren. Insgesamt gab es in Deutschland 1875 gerade einmal drei Städte mit mehr als 200.000 Einwohnern (Berlin, Breslau, Hamburg), 1910 waren es bereits 22 Städte, darunter auch Stuttgart. Mit dem Bevölkerungswachstum gingen eine stürmische Bautätigkeit, die Verdichtung und Ausweitung der Städte sowie die Veränderung ganzer Landschaften einher. In den bisher weitgehend zweigeschossig bebauten Städten wuchsen bis zu sechsgeschossige Neubauten empor, der wachsende Verkehr erforderte breite Straßendurchbrüche im vielfach immer noch mittelalterlichen Stadtgefüge. Das ging nicht ohne die oft großflächige Vernichtung historischer Bausubstanz.

Hinzu kam, dass Bauen der Statusdemonstration diente. Vor allem bürgerliche Bauherren bedienten sich wahllos der Stile vergangener Jahrhunderte. Auch ging man dazu über, das eigene Haus oder die eigene Wohnung mit ästhetisch aufwendigem Mobiliar auszustatten, das historische Stilformen nachahmte und diese zuweilen sogar in manieristischer Übersteigerung verwirklichte. Aus dieser neuen Überfülle an Stilen resultierte eine Unruhe, aus der auch eine Sehnsucht nach dem Echten und Selbstverständlichen entsprang. Sie führte zu einer Wiederbelebung der Kunst „um 1800“, die sich durch Schlichtheit, Eleganz und materialehrliche Ausführung auszeichnete.

Der rasante Umbau der Städte und die großflächige Vernichtung des architektonischen Erbes mündeten in der Institutionalisierung des Denkmalschutzes, beispielsweise durch die Einführung erster Denkmalschutzgesetze.

Heimatschutz

Die Kritik an den Folgeerscheinungen der Industrialisierung und der sogenannten Gründerkultur ist der Ursprung einer ganzen Reihe von oppositionellen Strömungen, die heute unter dem Begriff „Lebensreform“ zusammengefasst werden. Betrug die Spanne der einzelnen Initiativen von der Freikörperkultur bis zum Vegetarismus, von der Wandervogelbewegung zur neuen Pädagogik und vom Reformkleid bis zur Architektur und zum Heimatschutz. Dabei erstreckte sich das gegen die Zerstörung von Lebensbereichen gerichtete Engagement der Heimatschützer auch auf den Denkmalschutz. Zur Gründung des Heimatschutz-Bundes (1904) hieß es in der Zeitschrift Die Denkmalpflege: „Die Sorge um die Erhaltung des Erbes an Bau- und Kunstdenkmalen ist in den letzten Jahren in fast alle Volksschichten eingedrungen. Die Bestrebungen der Denkmalpflege haben in Deutschland und anderen Kulturstaaten eine Bedeutung erlangt, mit der Landesbehörden und Stadtverwaltungen rechnen müssen.“ Der Bund hatte dabei den Zweck, die Aktivitäten einzelner lokaler Gruppierungen zu bündeln. Seine Initiatoren wollten „deutsches Volkstum unbeschädigt und unverdorben […] erhalten und, was davon unzertrennlich ist: die deutsche Heimat mit ihren Denkmälern und der Poesie ihrer Natur vor weiterer Verunglimpfung schützen“. Die Zielsetzung, regionale und nationale Eigenarten zu bewahren, beinhaltete auch den Schutz von Wohnhäusern, Quartieren und Stadtbildern, so dass der Heimatschutz die Denkmalpflege um einige bis dahin unbekannte Tätigkeitsfelder bereichert hat.

Eric Mozanowski referierte in Stuttgart darüber hinaus noch kurz über die Parallelen der Schwierigkeiten im Bauablauf zu heutigen Denkmalschutzobjekten, was nicht nur für Stuttgart sondern ebenfalls für die historische Bausubstanz in Leipzig und anderen ostdeutschen Großstädten gelte. Der Denkmalschutz, die Investition in Immobilien unter Berücksichtigung der Folgeerscheinungen der Industrialisierung forderte den langsamen, aber stetigen Wandel der Zeit, sich mit der Sicht- und Handlungsweise anzupassen.

V.i.S.d.P.:

Eric Mozanowski
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Eric Mozanowski, ehemaliger Vorstand der ESTAVIS AG, führte in Berlin / Leipzig sowie Stuttgart im Rahmen von Seminarveranstaltungen die Vortragsreihe zum Themengebiet Denkmalschutz in Deutschland fort. Aus den Kreisen der Teilnehmer kam der Wunsch, wichtige Wissensmodule auch im Internet zu veröffentlichen. Weitere Informationen unter: www.estavis.de

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