Der Bund fürs Leben mit dem Kunden

Ein Interview mit Sabine Hübner

Der Bund fürs Leben mit dem Kunden

Sabine Hübner

Der ideale Kunde ist der, der überhaupt nicht darüber nachdenkt, zum Wettbewerber zu gehen. Er schätzt Sie als Geschäftspartner. Und: Er empfiehlt Sie sogar weiter. Man sollte also meinen, dass jedes Unternehmen maximal alles dafür tun wird, eben nur solche Kunden zu haben. Das ist die Theorie. Die Praxis sieht anders aus. Warum ist das so? Eine der Fragen an Sabine Hübner. Die charismatische Salzburgerin mit Münchner Wohnsitz wurde vom Magazin TRAINIG zum Top-Speaker 2012 gewählt.

Klaus Wenderoth: Frau Hübner, Ihre Themen: Servicekultur und Servicequalität. Was verstehen Sie darunter?

Sabine Hübner: Service darf kein Zufallsprodukt sein, sondern braucht eine perfekte Strategie. Diese besteht für mich aus drei Säulen:

Erstens geht es um intelligente und innovative Dienstleistungsprodukte. Sie bieten flankierend zu einem Kernprodukt oder einer Dienstleistung einen signifikanten Mehrwert für den Kunden und berühren ihn emotional.

Zweitens gilt es, durchdachte und kundenorientierte Prozesse zu implementieren – Abläufe und Standards, die für einen zuverlässigen und konsequent hohen Servicelevel in allen Kundenkontaktpunkten sorgen.

Und drittens geht es beim Service natürlich um das Verhalten der Mitarbeiter im Kundenkontakt, aber auch innerhalb des Unternehmens. Servicequalität ist eine Haltung und damit ein Teil der Unternehmenskultur, die von allen gelebt wird.

Jeden Tag gibt es zig Situationen, die nicht durch einen „Standardprozess“ abgedeckt werden können. Hier zählt allein: Wie löst ein Mitarbeiter dann genau so eine Situation.

Klaus Wenderoth: Produkte und Dienstleistungen werden austauschbarer. Warum entscheiden sich trotzdem Unternehmen dafür lieber über den Preis, als über eine praktizierte Kundenorientierung zu verkaufen?

Sabine Hübner: Kurzfristig gesprungen ist es einfacher, über den Preis zu verkaufen. Der Preis allein ist aber ein schlechter Loyalisierungsfaktor. Wer langfristig denkt, sollte es schaffen, eine Beziehung zum Kunden zu entwickeln, die auf Werte wie Wertschätzung, Ehrlichkeit und Mehrwert baut.

Eine Service-Kultur dieser Art ist aber kein schneller Mitnahmeeffekt, sondern bedarf der ständigen Pflege. Insofern ist die ganz einfache Frage, die sich jedes Unternehmen stellen sollte: Kann ich mit einer konsequenten Kundenorientierung mehr Kunden erobern, halten oder zurückgewinnen.

Klaus Wenderoth: Sie haben einmal die Formulierung vom „Wunschlos-glücklich-Paket“ verwendet. Welche 5 wichtigsten Punkte gehören Ihrer Meinung nach unbedingt dazu?

Sabine Hübner: Alle Serviceleistungen, die dem Kunden das Leben einfacher, sicherer, besser, persönlicher und schöner machen.

Klaus Wenderoth: Macht ein Kundenmanager in einem Unternehmen Sinn? Jemand, der sich nur um die Wünsche, Sorgen und Bedürfnisse der Kunden kümmert?

Sabine Hübner: Service, das sind immer alle. Perfekt ist es also, wenn alle Mitarbeiter an diesem Ziel arbeiten. Und: Die Vorbildfunktion der Führungskräfte ist der wichtigste Treiber. In meinen Service-Kultur-Projekten in Unternehmen hat es sich bewährt, dass eine Person in diesem Veränderungsprozess den „Hut“ aufhat – Mr. oder Mrs. Service sozusagen.

Klaus Wenderoth: Wo fehlt meist das Verständnis für die Chancen, die ein gutes Kundenbeziehungsmanagement bietet? In den Chefetagen oder bei den Mitarbeitern?

Sabine Hübner: Für eine hohe Servicequalität müssen wir vertikales Abteilungsdenken durch horizontale Kommunikationsstrukturen ersetzen. Anstatt isolierter Servicezirkel in jeder Abteilung sollten Teams mit Vertretern aus allen Abteilungen zu jeweils einem bestimmten Servicethema zusammenkommen, damit stets das Ganze im Fokus steht.

Nur auf diese Weise werden die Einzelinteressen eines Bereichs den Interessen des Gesamtunternehmens und damit letztendlich den Interessen der Kunden untergeordnet. Erst dadurch wiederum wird das Wort Kundenorientierung von der Phrase zur wirksamen Richtschnur.

Diese Tatsache erfordert ein Umdenken bei Führungskräften und Mitarbeitern. Und eines ist ganz klar: Service-Kultur wird nur dann gelebte Realität, wenn sie von der Chefetage kompromisslos getragen wird.

Klaus Wenderoth: „Der Kunde macht den Umsatz“, sagt Thomas Reich. „Der zufriedene Kunde macht den Umsatz und bleibt“, sagt Sabine Hübner?

Sabine Hübner: Zufrieden ist sicher zu wenig zum Bleiben. Treue entsteht über eine freiwillige Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen und kann nicht über langfristige, systemische Kundenbindungsprogramme erzwungen werden.

Die Ursachen für diese freiwillige Beziehung sind mannigfaltig und sehr individuell: Qualität, Mehrwert, Services, Nähe, Emotionen wie Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Eitelkeit…

Klaus Wenderoth: Service ist nicht nur rationales Handeln, sondern auch eine gelebte, innere Überzeugung? Richtig?

Sabine Hübner: Auf jeden Fall. Service-Kultur ist eine Haltung, die ein Unternehmen und Mitarbeiter leben. Es ist eine Einstellung, die Sie nicht nach Dienstschluss wie einen Mantel an der Garderobe ablegen.

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