Ein Interview mit Felix Beilharz
„Oh, nicht schon wieder ein Artikel über die Notwendigkeit von Online-Marketing“. Das denken Sie vielleicht gerade. Vielen geht es ähnlich. Irgendwie weiß man ja, dass da die Zukunft liegen soll. Oder besser: Das große Geschäft. Aber es gibt auch Heerscharen von selbsternannten „Online-Marketing-Gurus“, die, gegen bare Münze natürlich, Ihre „Geheimnisse“ der Welt verkaufen wollen. Felix Beilharz bringt Licht in diesen Dschungel.
Klaus Wenderoth: Zu Ihnen Herr Beilharz. Wer sind Sie und was machen Sie genau?
Felix Beilharz: Ich berate und trainiere Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Organisationen in allen Fragen des Online-Marketing. Meine Schwerpunkte liegen dabei auf den Themen Suchmaschinenoptimierung und Social Media Marketing.
Wenn ich nicht gerade ein Seminar oder einen Vortrag halte oder an einem Beratungsprojekt arbeite, schreibe ich wahrscheinlich gerade an einem Buch, stehe vor meinen Studenten oder nutze die wenige Freizeit zum Sport machen oder einfach mal abschalten.
Klaus Wenderoth: Wie groß ist als Unternehmen die Chance, auch in 5 Jahren noch im Markt bestehen zu können – ohne Online-Marketing?
Felix Beilharz: Die Zahl der Unternehmen, die es sich leisten können, das Online-Marketing zu vernachlässigen, wird weiter abnehmen.
Vielleicht gibt es einen ganz kleinen Kern von Unternehmen, die in einem extrem engen und wenig internetaffinen Markt unterwegs sind und auch in fünf Jahren noch ohne Online-Marketing auskommen.
Darauf wetten würde ich jedoch nicht. Zumal es sich Unternehmen da selbst schwer machen, denn ihnen entgehen viele Chancen, sei es auf der Vermarktungs- oder der Analyseseite.
Klaus Wenderoth: Selber machen oder gleich den Profi engagieren? Und: Welche Fragen muss man stellen um sofort einen seriösen Online-Marketing-Anbieter erkennen zu können?
Felix Beilharz: Die Frage nach Referenzprojekten ist natürlich immer sinnvoll. Hat der Berater schon ähnliche Projekte oder zumindest Projekte einer ähnlichen Größenordnung durchgeführt. Kann er vielleicht sogar zufriedene Kunden namentlich benennen, bei denen man einmal anrufen kann?
Kann der Berater mit den aktuellen Trends und Begrifflichkeiten etwas anfangen? Da lohnt es sich, mal eine Stunde in den einschlägigen Blogs zu suchen, sich ein paar Themen aufzuschreiben und den Berater nach seiner Meinung zu diesen Themen zu fragen. Kommt er ins Stottern oder hat er eine Meinung dazu?
Ich bin der Meinung, gerade im Online-Marketing erkennt man die wahren Experten daran, dass sie auch abseits vom Kundengeschäft an eigenen Projekten basteln. Ich habe zum Beispiel noch keinen guten SEO gesehen, der nicht auch eigene Projekte hätte. Danach zu fragen, kann auch nähere Einsichten bringen.
Wenn es wirklich um große, budgetstarke Projekte geht, sind auch Zertifizierungen und Mitgliedschaften in Branchenverbänden ein Qualitätssignal. Hierbei fallen aber viele kleinere Anbieter direkt raus, deshalb würde ich damit nicht in die Auswahl einsteigen.
Klaus Wenderoth: In einem Blog ist über Sie zu lesen, dass Sie „der Community zunächst etwas geben“, und dann, auch etwas zurück bekommen. Ist dass Ihre grundsätzliche Empfehlung an alle, die sich als Unternehmen im Internet bewegen?
Felix Beilharz: Das ist sogar meine grundsätzliche Empfehlung an alle Unternehmen, egal in welcher Branche oder in welchem Bereich sie sich bewegen.
Ich bin der Überzeugung, je mehr Nutzen ein Unternehmen bietet, desto mehr wird es auch verdienen – und zwar auf ethische und nachhaltige Weise. Im Internet ist das ja sogar sehr kostengünstig und effizient machbar. Ich behaupte mal, 90% der Unternehmen vernachlässigen das Potenzial, das ihre Website bietet.
Hilfreiche Blogbeiträge, kostenlose Downloads, Video-Tutorials, Checklisten, ein wertvoller Newsletter, Webinare etc., all dies sind Dinge, die sich mit wenig oder einmaligem Aufwand erstellen lassen und dem Kunden einen echten Mehrwert bieten. Gleichzeitig demonstriert man damit Kompetenz und tut sich einen Gefallen, was die Verbreitung über Suchmaschinen und Verlinkungen angeht.
Klaus Wenderoth: Großer Etat = große Wirkung? Oder gibt es auch Möglichkeiten mit Kreativität ein sechsstelliges Budget ersetzen zu können?
Felix Beilharz: Wer ein großes Budget hat, hat immer erst auch einmal einen Vorteil. Geniale Marketing-Aktionen wie z.B. die Horst-Schlämmer-Kampagne sind zwar, was das Kosten-Wirkungs-Verhältnis angeht, günstiger als vergleichbare Werbeaktionen, aber kosten immer noch einen Batzen Geld.
Doch Geld allein macht noch lange kein erfolgreiches Marketing aus. Unzählige Kampagnen mit sechs- oder siebenstelligen Budgets verlaufen relativ wirkungslos, weil das Geld einfach nicht effizient eingesetzt wurde.
Kreativität hilft bei geringen Budgets natürlich ungemein weiter. Wer weiß, wen er wie und wo gezielt ansprechen muss, um eine Wirkung zu erzielen, hat einen großen Hebel an der Hand. Eine clevere Idee, wie zum Beispiel die Aktionen der Fluglinie Southwest Airlines, die ihre Flugbegleiter die Durchsagen rappen oder singen lassen, das Ganze dann filmen und online stellen, kann eine sagenhafte Reichweite erzielen, bei nahezu Null Kosten. Klar, solche Beispiele sind selten, zeigen aber deutlich: mit Kreativität und etwas Mut lassen sich auch kleinere Budgets kompensieren.
Klaus Wenderoth: In einem Video haben Sie einmal 35 SEOs nach Ihren Linkbuilding-Tipps gefragt. Klar, dass jetzt die Frage nach Ihren persönlichen 3 wichtigsten Tipps zu diesem Thema kommt.
Felix Beilharz: Meine Lieblingstipps sind:
1. Bloggen Sie. Der Blog wird als Marketing-Kanal oft unterschätzt, bietet er doch zahlreiche Möglichkeiten für Linkbuilding, Networking, Kundeninformation, etc. Und das Schöne: im Gegensatz zum Facebook- und Twitter-Account gehört der Blog Ihnen. Mit jedem Blogbeitrag mehren Sie Ihr Unternehmenskapital, anstatt nur Facebook und Twitter Content zu liefern.
2. Vernetzen Sie sich. Lernen Sie relevante Blogger, Twitterer, Website-Betreiber etc. in Ihrer Branche kennen. Schreiben Sie über diese, laden Sie diese zum Interview ein (so wie dieses zum Beispiel ;-)). Früher oder später kommt garantiert ein Link zurück.
3. Bieten Sie wirklich guten Content. Ich weiß, das klingt wie eine Floskel, ist aber zumindest seit dem Penguin-Update der einzige Weg, um nachhaltig an hochwertige Links zu kommen. Investieren Sie einen Teil Ihres Marketing-Budgets in den Aufbau hochwertigen Contents. Whitepaper, ausführliche Blogartikel, Ebooks etc. Und schreiben Sie dann gezielt Websitebetreiber oder Blogger an, von denen Sie gerne einen Link hätten und fragen Sie, ob derjenige nicht auf Ihren Content hinweisen kann. Wenn die Inhalte wirklich gut, hilfreich und einzigartig sind und der Zielgruppe einen Mehrwert bieten, kommen so die besten Links zustande.
Und ein Bonus-Tipp: nehmen Sie neben dem Linkbuilding den Aufbau von Social Signals mit in die Aktivitätenliste auf. Noch ist nicht sicher, wie stark sich Likes, Shares, Tweets, PlusEins etc. auf das Ranking auswirken, aber sicher ist: die Bedeutung nimmt zu. Gerade Klicks auf den +1-Button wird Google garantiert mit ins Ranking einbeziehen. Behalten Sie also diese Themen im Auge, damit sind Sie für die Zukunft gut gerüstet.
Klaus Wenderoth: Was ist für Firmen wirklich wichtig? Wo muss man Ihrer Meinung nach unbedingt mitmischen? Wie behält man eigentlich noch den virtuellen Überblick?
Felix Beilharz: Suchmaschinenoptimierung ist in fast jedem Fall ein absolutes Muss. Da kann die Branche noch so B2B-lastig sein, SEO lohnt sich immer. E-Mail-Marketing kostet zwar recht viel Arbeit, ist aber immer noch effektiv und gerade für direkte Sales oft besser geeignet als z.B. Social Media.
Bei Social Media sieht es schon durchwachsener aus. Nicht jedes Unternehmen muss zwingend bei Twitter aktiv sein. Oft reicht auch ein Blog und ein guter XING-Auftritt schon aus.
In den meisten Fällen macht eine Facebook-Seite jedoch Sinn. Nicht nur aufgrund der sehr hohen Reichweite, sondern eben auch aus SEO-Gesichtspunkten.
YouTube und Blogging können optimal kombiniert werden.
Den Überblick behält man über Monitoring-Dienste, RSS-Feeds, Google Alerts etc. Auch hier investieren Unternehmen noch immer viel zu wenig Zeit und Geld. Ohne Monitoring, Messungen, Analyse und Controlling ist jeder investierte Euro ein Schuss ins Blaue – Korrekturen und Anpassungen werden unnötig erschwert.
Das Thema Mobile Marketing wird Unternehmen noch einmal vor ganz neue Herausforderungen stellen. Künftig geht es nicht nur darum, eine gut zu findende Website mit hochwertigen Inhalten und sozialer Vernetzung zu haben, sondern diese auch noch für mobile Endgeräte zu optimieren und Mobile User gezielt anzusprechen. Doch das ist Stoff für ein zweites Interview, vielleicht nächstes Jahr.
Dieses und weitere Interviews finden Sie im Expertenblog „Menschen, Medien, Meinungen …“ http://www.KlausWenderoth.de
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