Warum Sport gerade für Menschen mit Behinderungen so wertvoll ist
Das Jahr 2012 ist ein Jahr der sportlichen Highlights: Nach Fußball-EM und Olympischen Spielen stehen seit dem 29. August bis 9. September in London noch die Paralympics auf dem Programm. Je nach Handicap starten Sportler aus 165 Nationen in 503 Wettkämpfen zum größten Medaillenrennen in der Geschichte der Paralympics. Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) stellt mit 150 Athleten eines der größten Teams und beweist damit, welchen Stellenwert der Behindertensport in Deutschland inzwischen besitzt. Dabei ist es für Menschen mit Behinderungen häufig gar nicht so einfach, ihren Einstieg in die Welt des Sports zu finden: Insbesondere psychologische und organisatorische Hürden erschweren mitunter den Start. Gesundheitsexperte Dr. Wolfgang Reuter von der DKV Deutsche Krankenversicherung erläutert deshalb, welch hohen Nutzen Sport gerade für Menschen mit Handicaps hat und wie das persönliche Umfeld Betroffene beim Einstieg unterstützen kann.
„Eine Behinderung ist ein Faktor, der die Lebensgestaltung nachhaltig beeinflusst. Das gilt besonders, wenn sie durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit erst in späteren Jahren auftritt“, weiß Gesundheitsexperte Dr. Wolfgang Reuter von der DKV Deutsche Krankenversicherung. Die finanziellen Risiken von Unfällen und Invalidität lassen sich zwar absichern – etwa durch eine Unfallversicherung, die zum einen finanziell, zum anderen mit Assistenzleistungen hilft. Aber das allein holt die Betroffenen noch nicht wieder zurück ins Leben. Sie brauchen vor allem fachmännische Unterstützung, Ermutigung und ein Ziel, das sie begeistert. „Der Einstieg in eine Sportart ist dafür gleich aus mehreren Gründen geradezu ideal“, so der Gesundheitsexperte.
Handicap ist kein Hindernis für sportliche Betätigung
„Für Menschen mit Handicap gilt zunächst einmal das Gleiche wie für jeden von uns: Sport ist einfach gesund. Er schützt vor Krankheiten und Übergewicht und stärkt das Selbstvertrauen“, weiß Dr. Wolfgang Reuter. „Und genau wie bei Menschen ohne Handicap ist er wichtig, um den Muskel- und Bewegungsapparat leistungsfähig zu halten sowie die Koordination und die Organfunktionen zu verbessern.“ Eine Behinderung muss dem Spaß an der Bewegung dabei keineswegs im Wege stehen: Mit der entsprechenden Sportart und den passenden Hilfsmitteln können auch Menschen mit Handicaps nahezu jedes sportliche Ziel erreichen. Geführtes Joggen in Begleitung von Angehörigen, Freunden oder Trainern ist beispielsweise ein interessantes Angebot für Blinde oder Menschen mit Sehschädigungen. Für Beinamputierte gibt es spezielle Prothesen, die aufgrund ihres modernen und leichten Materials auch für Ausdauerläufe oder Weitsprung gut geeignet sind.
Sport heilt die Seele
Sportliche Betätigung ist aber nicht nur wertvoll für die körperliche, sondern auch für die psychische Gesundheit. Gerade Menschen mit einer erworbenen Behinderung fallen zunächst oft in ein tiefes Loch. „Psychische Probleme wie Depressionen treten vermehrt nach Unfällen mit anschließender Behinderung auf. Der Verlust bestimmter Fähigkeiten oder der gewohnten Selbstständigkeit mindert das Selbstwertgefühl“, weiß der Gesundheitsexperte der DKV. Sport erweist sich hier für Betroffene als wichtiger Schlüssel für die Rehabilitation und die Rückkehr ins Leben. Er stärkt das Selbstbewusstsein und macht fit für die ungewohnten, neuen Herausforderungen des Alltags: Durch körperliche Bewegung verbessern sich sogar Konzentration, Lernfähigkeit und das Gedächtnis. Außerdem bringt er Betroffene, die nach einem Trauma häufig dazu neigen, sich zurückzuziehen, wieder mit anderen Menschen in Kontakt. „Das ist enorm wichtig für die soziale Integration und eine aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“, so der DKV Experte.
Wohin wenden, wie teilnehmen?
Allerdings ist auch im Behindertensport aller Anfang mitunter schwer. Von rund 8,7 Millionen Behinderten in Deutschland sind nur 595.000 Menschen im Behindertensportverband aktiv – ein noch relativ geringer Prozentsatz. Der Grund dafür: Die meisten Sportvereine bieten ihren Mitgliedern keine „Barrierefreiheit“ – das bedeutet: Die Möglichkeit, auch mit einer Behinderung am Training teilzunehmen. Ein Rollstuhlfahrer, der seinen Lieblingssport Basketball betreiben möchte, kann sich seinen Wunsch in aller Regel nicht einfach beim nächstgelegenen Sportverein erfüllen. Welcher Verein ihnen was bietet, können Sportfans mit Handicap aber inzwischen über entsprechende Vermittlungsstellen in Erfahrung bringen. Eine Anlaufstelle ist auch der Deutsche Behindertensportverband, der selbst Leistungssportlern offen steht. Daneben unterstützen einige Versicherer, darunter die ERGO Versicherungsgruppe, Betroffene im Rahmen spezieller Unfall-Assistenzleistungen dabei, durch sportliche Aktivität schnell zurück ins Leben zu finden: ERGO kooperiert dazu beispielsweise mit dem Deutschen Rollstuhlverband (DRS). Und auch die Unterstützung im privaten Umfeld ist wichtig, wie der Gesundheitsexperte betont: „Freunde und Angehörige können bereits bei der Auswahl des Vereins und der Sportart helfen. Später sorgt ihre aktive Beteiligung, zum Beispiel als ehrenamtliche Mannschaftsbetreuer oder Fahrhilfe, dafür, dass der sportliche Einsatz auch langfristig Früchte trägt. Ideal ist zudem, wenn Familienmitglieder oder Freunde selbst mitmachen und gemeinsam mit den Betroffenen Sport treiben.“
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Sprint zurück ins Leben: Ein erfolgreicher Leistungssportler macht Mut
David Behre wurde 2007 von einem Zug überrollt, der ihm beide Beine abtrennte. Bereits wenige Tage nach dem Unfall sagte er sich: „Das ist nicht das Ende!“ Wie der ehemalige Motocross-Fahrer mit Sport zurück ins Leben fand, und wie er sich auf die Paralympics in London vorbereitete, lesen Sie hier.
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